Aktuell spielt sich in der deutschen Gesellschaft ein Musterbeispiel dafür ab, was sich Betriebswirte im Grundstudium mühsam an Wissen erarbeiten. Es geht um Angebotsschocks, Nachfrageschocks, Fixkostendegression und Preisbildung an internationalen Märkten. Eine wirklich gelungene Mischung aus Mikro- und Makroökonmie. Anhand solcher Beispiele sollte das Lernen an der Hochschule erfolgen. Wir zeigen mit einer Fallstudie, bei der es um die Entwicklung der Papierpreise geht und warum dadurch die Kosten für die Entsorgung steigen.
Warum der Papierpreis die Kosten für die Entsorgung treibt
Papier ist bisher ein wichtiger Rohstoff gewesen. Zahlreiche Länder, vor allem in Asien, kauften den Deutschen ihr Altpapier ab, weil sie es brauchten, um ihren wachsenden Bedarf zu decken. China, Thailand und andere Länder importierten es in Hülle und Fülle. Meist aber nur, um es selbst an die Chinesen weiter zu verkaufen.
Da war es gut, dass die Deutschen so fleißig Müll trennen. Sie werfen ihre Zeitungen, Kartonagen, Blätter und sonstigen Papiermüll schön sauber sortiert in die entsprechende Tonne. Die Kommunen sammelten es ein und verkauften es anschließend auf dem Weltmarkt. Mit diesen Einnahmen erzielten sie eine Gegenfinanzierung für die Entsorgung und für die Investitionen in die entsprechenden Anlagen.
Auf einen Schlag hat sich das Bild nun geändert. China hat neue Regeln erlassen. Die Grenze für Fremdstoffe in den Altpapierballen wurde auf maximal 0,5% festgelegt. Dadurch sollte verhindert, dass die westlichen Länder die Papierexporte nutzen, um nebenbei ihren anderen Müll loszuwerden. Dieser Grenzwert sorgt dafür, dass ein großer Teil der hiesigen Papierabfälle nun nicht mehr für den Expor infrage kommt.
Eine "kleine" politische Entscheidung wirbelt auf einen Schlag den Markt durcheinander. Mit einem Mal sitzen nun Kommunen auf ihren Müllbergen fest und wissen nicht wohin damit. Umweltschutz und Recycling schön und gut. Wenn aber niemand das Altpapier benötigt, dann bleibt am Ende doch nur die Verbrennung.
Hinzu kommt eine Entwicklung, die durch die Covid-19-Krise ausgelöst wurde. Unsere Mitbürger nutzen seither verstärkt den Internethandel. Somit wachsen die Abfälle nochmals an, weil alles im
Unter dem Strich kam es also zu einem Angebotsschock an Papier. Kommunen haben viel mehr als vorher. Gleichzeitig brach die Nachfrage ein. Heißt: weniger Geld pro Tonne und weniger Absatz zugleich. Ein doppelter Einbruch also.
Für den Bürger heißt das nichts Gutes. Irgendwer muss schließlich die Zeche zahlen. In dem Fall ist es die Tatsache, dass die Kommunen in Verwertungsanlagen und Lager investieren mussten. Diese Fixkosten stehen nun dauerhaft an. Daher werden sie nun auf die Bürger umgelegt in Form von Müllgebühren. Ein solches Verhalten würde normalerweise Unternehmen aus dem Markt werfen. Bei öffentlichen Organisationen gibt es jedoch keinen freien Markt, sondern Monopole. Und dort holt man sich bekanntlich das Geld wann und wie man möchte.